Unser wissenschaftlicher Hintergrund

Zu den Kernaufgaben Ihrer beruflichen Tätigkeit gehören neben der Planung und Durchführung von Unterricht auch die umsichtige Analyse Ihres unterrichtlichen Handelns. Während Sie bei der Unterrichtsplanung vor allem die Aufgaben- und Handlungsstruktur Ihres kommenden Unterrichts gedanklich vorwegnehmen, konzentrieren Sie sich bei der Unterrichtsanalyse auf die Qualitätseinschätzung und Wirksamkeitsbewertung Ihrer Planung und Durchführung. Die Ergebnisse dieser Analyse können wiederum in die Planung zukünftiger Unterrichtsstunden einfließen und damit den Ausgangspunkt für die weitere Optimierung Ihres Unterrichts bilden.

Als Herausforderung bei der Analyse des eigenen Unterrichts gilt es, neben den sogenannten Sichtstrukturen des Unterrichts vor allem auch die Tiefenstrukturen in den Blick zu nehmen.

Die Sichtstrukturen, wie z. B. Sozialformen, Handlungsmuster oder Verlaufsformen, geben den Rahmen der Unterrichtsgestaltung vor und sind unmittelbar im Unterricht beobachtbar. Die Tiefenstrukturen sind dagegen nicht auf den ersten Blick ersichtlich, sondern müssen interpretativ erschlossen, da sie die gedanklichen Lern- und Verarbeitungsprozesse der Schülerinnen und Schüler betreffen. Die Tiefenstrukturen haben dabei für den Lernerfolg Ihrer Schülerinnen und Schüler eine wesentlich größere Bedeutung als die Sichtstrukturen.

Als wichtige Tiefenstrukturen des Unterrichts gelten sowohl im niedersächsischen Orientierungsrahmen Schulqualität als auch in der empirischen Lehr-Lern- und Unterrichtsforschung die fachübergreifenden Grunddimensionen der Unterrichtsqualität: (1) die kognitive Aktivierung, (2) die konstruktive Unterstützung und (3) die effiziente Klassenführung:

  • Die kognitive Aktivierung beschreibt das Ausmaß, in dem die Lehrkraft die Schülerinnen und Schüler zu einer selbstständigen, intensiven gedanklichen Verarbeitung unterrichtlicher Inhalte und auch zu einer Auseinandersetzung mit ihren eigenen Gedanken (also zur sogenannten Metakognition) anregt.
  • Die konstruktive Unterstützung beschreibt, inwiefern die Lehrkraft die Schülerinnen und Schüler durch ihren Unterricht motiviert, indem sie die schülerseitigen Grundbedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz und Zugehörigkeit berücksichtigt.
  • Die effiziente Klassenführung beschreibt die störungsvorbeugende Steuerungsleistung der Lehrkraft mit dem Ziel, die im Unterricht zur Verfügung stehende Zeit optimal für das Lernen und Erreichen der beabsichtigten Unterrichtsziele zu nutzen und Zeitverluste durch nicht lernzielbezogene Aktivitäten zu vermeiden.

Als weitere Herausforderung bei der Analyse des eigenen Unterrichts gilt es, neben der inhaltlichen Fokussierung auf die genannten fachübergreifenden Grunddimensionen der Unterrichtsqualität, die drei kognitiven Stufen eines Analyseprozesses zu durchlaufen: (1) die Wahrnehmung, (2) die Interpretation und (3) die Entscheidung von und zu unterrichtlichen Ereignissen:

  • Die Wahrnehmung bezieht sich auf die möglichst wertfreie Identifikation von Ereignissen und Situationen im Unterricht, die für den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler entscheidend sind. Ausgehend von den Lern- und Verstehensprozessen der Schülerinnen und Schüler werden dabei die lernrelevanten Handlungskomponenten des Unterrichts herausgestellt.
  • Die Interpretation betrifft die ordnende und bewertende Weiterverarbeitung der wahrgenommenen lernbedeutsamen Ereignisse und Situationen. Diese Weiterverarbeitung verlangt, die identifizierten Komponenten in die tiefenstrukturellen Grunddimensionen des Unterrichts einzuordnen und deren Wirkung auf die Lern- und Verstehensprozesse der Schülerinnen und Schüler zu beziehen. Auf Basis dieser Einordnung und Verknüpfung kann dann eine Bewertung der Qualität und Lernwirksamkeit dieser Situationen und Ereignisse vor dem Hintergrund des gesamten Unterrichts vorgenommen werden.
  • Diese Bewertung dient auf der Stufe der Entscheidung schließlich dazu, Alternativen in den Blick zu nehmen, mit denen die Qualität und Lernwirksamkeit des Unterrichts gesteigert werden kann.

Ähnlich wie unsere Wahrnehmung in anderen Zusammenhängen stellt auch die professionelle Wahrnehmung von Unterricht nur ein selektives und konstruiertes Abbild der Wirklichkeit dar. So wird Ihre Wahrnehmung zum Beispiel von Ihrem (professionellen) Wissen gesteuert und/oder durch Ihre (professionsbezogenen) Überzeugungen gefiltert. Wegen dieser Selektivität und Konstruktivität ist auch die professionelle Wahrnehmung anfällig für Fehler und Verzerrungen, sodass es – ergänzend zu Ihrer eigenen Wahrnehmung – einer weiteren Datenquelle bedarf, aus der Sie Informationen für eine systematische Analyse Ihres Unterrichts schöpfen können. Neben der Möglichkeit der externen oder kollegialen Unterrichtsbeobachtung und -hospitation stellt insbesondere auch die Perspektive der Schülerinnen und Schüler eine solche Datenquelle dar.

Vor diesem Hintergrund möchte das Feedbackportal Sie bei der Analyse Ihres Unterrichts unterstützen, indem es Ihnen ermöglicht, sich zeitökonomisch und niederschwellig ein Feedback Ihrer Schülerinnen und Schüler zu Ihrem Unterricht auf wissenschaftlicher Basis einzuholen.

Dieses Feedback erfolgt anhand empirisch gut untersuchter Skalen zu den fachübergreifenden Grunddimensionen der kognitiven Aktivierung, der konstruktiven Unterstützung und der effizienten Klassenführung. Mit der Fokussierung des Schülerfeedbacks auf diese Dimensionen können die Wahrnehmungsprozesse Ihrer Unterrichtsanalyse angeleitet und auf diejenigen Ereignisse und Situationen Ihres Unterrichts gelenkt werden, die für den Lernerfolg entscheidend sind. Gleichzeitig kann Sie das Schülerfeedback bei der Interpretation dieser Ereignisse und Situationen unterstützen, indem Ihre Schülerinnen und Schüler die Auswirkungen dieser Ereignisse und Situationen auf ihre Lernprozesse hin einschätzen und damit metakognitiv aktiviert werden. Auf Basis dieser Einschätzung können Sie dann auf der Entscheidungsstufe Ihrer Unterrichtsanalyse ggf. auch gemeinsam mit Ihren Schülerinnen und Schülern Alternativen in den Blick nehmen, mit denen Sie die Qualität und Lernwirksamkeit Ihres Unterrichts optimieren und gleichzeitig das Zugehörigkeits- und Autonomieerleben Ihrer Schülerinnen und Schüler stärken.

Mehr Informationen zu den potentiellen Wirkungen systematischen Schülerfeedbacks finden Sie hier